Thursday, March 09, 2006

Vorwort



(Bild: Alle Veröffentlichungen 1990 - 2005)

2005 – 25 Jahre musizieren! Kommt einem wie eine Ewigkeit vor und zieht doch in Windeseile an einem vorbei. Am Ende bleibt einem nur eines im Gedächtnis:

a) Wow, du wirst alt!
b) Ich hatte immer noch keinen Hit!

Aber in aller Bescheidenheit zum Statement – es geht ja nicht (nur) um den Ruhm, die Groupies und das Geld – eher darum, dass man nicht in der Lage ist, ein Publikum zu erreichen und die Welt durch Kunst zu verändern.

Andererseits, wenn man auf all die Erfolge und „fast Erfolge“ zurückblickt, dann geht es eher um eine Lebensart und es freut mich, nette Briefe und Emails von Menschen zu bekommen, die sagen, dass sie das Gefühl haben, mich schon seit Jahren zu kennen und dass Ihnen meine Musik viel bedeutet.

Ich war gerade mal 13 Jahre alt, als ich mit der Musik anfing, beinahe so alt wie mein Sohn heute, und nun entwickelt er gerade ein Interesse daran, worum es in meiner Musik überhaupt geht und er stellt Fragen über Lieder und Texte.

Das unglaublichste aber ist, dass er 2000 km weg wohnt und eine gewisse Nähe zu mir spürt, wenn er meine Musik hört. Scheint so, als würde meine „Sensitivity – The Best Of TJ“ gerade rechtzeitig kommen, ist sie doch eine Bestandsaufnahme meiner Entwicklung über die letzten 15 Jahre und mein Sohn kann damit sogar etwas anfangen.

Ich hatte ein paar nette Chart Einträge in den vergangenen 1 ½ Jahrzehnten und mein Song: „How Many Times?“, geschrieben und aufgenommen im Dezember 2003, und auf der „Sensitivity“ CD veröffentlicht, hat es gerade in die TOP 5 der vh-1: „Song Of The Year“ Dance / Elektronik Charts geschafft, worauf ich mächtig stolz bin.

Vor allem weil es eine Song writing Hitparade ist und die neuesten Kritiken sind allesamt super. Aber was heißt das schon? Inwieweit hat Musik mein Leben und meine Beziehungen in den letzten 2 ½ Jahrzehnten beeinflusst und hat es seinen Preis?

Um das wirklich zu begreifen und um zu verstehen, wie sich der Musikmarkt in den letzten Jahren verändert hat, muss man mir zu den bescheidenen Anfängen folgen....

Kapitel 1 - Am Anfang



(Bild: Als Gastsänger bei den "Heartaches", 1984)

Ich denke, man wird als Künstler geboren und ich glaube, dass man sich die Kunst nicht aussucht, die Kunst sucht DICH aus.

Ich war schätzungsweise 7 oder 8 Jahre alt, als ich meine ersten künstlerischen Kapriolen schlug. Ich schnitt Fotos aus Zeitungen aus und klebte sie dann als Bildergeschichten zusammen. Und ich erinnere mich nur zu gut daran, wie sehr ich herum schrie, wenn auch nur ein Fitzelchen fehlte und mir die ganze Familie beim suchen helfen musste. Die konnten einfach nicht verstehen, dass die Story nicht komplett war, wenn ein Bild fehlte. Es war wie bei einem Puzzle: „Wie soll ich denn meine Geschichten erzählen, wenn mir Teile fehlen??“ fragte ich stets. Und sie starrten mich nur an – ehrlich gesagt, will ich gar nicht wissen, was denen damals durch den Kopf ging.

Später dann wollte ich Dokumentarfilmer werden. Es ist normal, dass man etliche Ideen dahingehend hat, was man später mal werden will, wenn man jung ist, aber ich wollte das wirklich werden. Offensichtlich hatten meine Eltern andere Pläne für mich. Ich hatte ausdrücklich nach einer 8mm Kamera gefragt (das war 1980, wenn ich mich nicht irre), stattdessen bekam ich eine „Ritsch-Ratsch-Klick“ Kamera mit auswechselbarem, aufsteckbaren Blitz und das war´s dann.

Ich fotografierte also alles mögliche und landete irgendwann mal bei 20 Fotoalben. Fotograf zu werden, kam mir jedoch nie in den Sinn.

Meine Jugend war eigentlich cool, wir mussten nie hungern und verreisten auch oft. Wir haben sogar mal ein ¾ Jahr in Saudi – Arabien gelebt, 1979, aber „hinter der Bühne“ roch es nach Ärger.

Als jüngster und wahrscheinlich auch verwöhntester von vier Kindern, litt ich enorm unter den Spannungen zwischen meinen Eltern. Die waren zusammen und dann wieder nicht, und es liefen sogar Schulwetten, ob mein Vater nun zu Hause ist, oder nicht.

Es war zermürbend. So zermürbend, dass ich eine stressbedingte Stuhl Inkontinenz entwickelte, fast bis ich 14 war. Vielleicht sogar länger, obwohl es nicht mehr so schlimm war.

Schwierig wohl auch, weil ich irgendwann einfach ausrastete: Ich trat Türen ein, schüttete Cola in Radiowecker und bedrohte meine Mutter sogar mit dem Messer.

Für eine Weile habe ich sogar bei meinem Vater gewohnt, was natürlich nicht funktionierte.

Verwunderlicherweise besserte sich die Situation innerhalb von 14 Tagen, als meine Mutter deutlich machte, dass mein Vater nun definitiv nicht mehr zurück käme. Dennoch glaube ich, dass der Stress, den ich verursacht habe, meine Mutter krank machte. Jahre später wurde Krebs diagnostiziert und sie starb im April 2004 im alter von 70 Jahren.

Ich schätze, dass ich mich der Kunst zuwandte, um einer nicht funktionierenden Familie zu entfliehen.

Eine Familie zu der ich, mit Ausnahme meiner Mutter und meiner Schwester, nicht gehörte.
Und als ich Jahre später, nach meiner eigenen Scheidung, nach Irland auswanderte, fiel mir auf, dass ich wahrscheinlich nicht nur nicht zur Familie gehörte, sondern vielmehr, dass es durchaus das ganze Land gewesen sein könnte.

Bitte nicht falsch verstehen – ich hatte eine Super Zeit in Deutschland aber selbst schon als Kind, wollte ich stets nach England. In meinem kleinen Hirn existierte Irland nicht.
Meine Mutter hat sich stets gewundert, woher diese Idee kam aber wir sind nie nach England gefahren. Wie die meisten Deutschen, fuhren auch wir im Urlaub nach Spanien.

Wie auch immer, als mein Vater dann „für immer“ verschwand, verschwand auch das Geld.

Meine Mutter arbeitete Halbtags als Schuhverkäuferin und ich fing an Gitarre zu spielen. Mein Onkel Fritz, der in den 50ern und 60ern in und um Frankfurt für sein Gitarrenspiel bekannt gewesen sein soll, lehrte mich. Nach knapp sechs Monaten und nur wenig Entwicklung, begriff ich dann, dass Gitarre nicht mein Ding ist.

Heute, über 25 Jahre später, bereue ich sehr, dass ich nicht beendete was ich anfing. Ich habe mit einigen Gitarristen zusammen gearbeitet über die Jahre und es hat mich immer fasziniert und in Unglauben versetzt, wie virtuos doch das Gitarrenspiel sein kann.

Egal, ich hatte sowieso genug damit zu tun, mir das Schlagzeug- und Keyboardspielen beizubringen. Ich nahm sogar Gesangsunterricht später. Aber bleiben wir noch beim Anfang, sagen wir 1980/81?!

1981 befand ich mich inmitten einer neuen musikalischen Bewegung. Genau genommen: zwei musikalische Bewegungen. „New Wave“ aus England, was mir sehr gefiel und „Breakdance“ aus den Staaten. Etwas völlig neues und eigenständiges, was sich später zu einem weltweit erfolgreichen Konzept entwickelte und in „Rap“ gipfelte – was aber nie so an mich ran ging.

Grandmaster Flash and the furious five wurden berühmt, ebenso wie eine junge Britische Band, namens “Depeche Mode”.

1977 kaufte ich mir meine erste Single: „Kraftwerk – Die Roboter“ und für meine Ohren, klangen Depeche schon sehr nach denen. Sehr elektronisch und hip und deren Melodien waren viel eingängiger. Musikalisch lief also eine ganze Menge und ich begann meine ersten Songs auf einer alten Bontempi™ Orgel zu schreiben. Ich gründete meine erste Band „Firebird“ , bestehend aus mir und einem Kumpel namens Andreas Herholz, der Flöte spielte.

Da war noch jemand, glaube ich, aber Firebird überlebte ohnehin nur ein paar wenige Monate. Den Namen liehen wir uns seinerzeit von einer Bassgitarre, die mein Bruder bemalt hatte und die die Aufschrift: Firebird trug.

In den frühen 80ern schrieb ich ein paar Lieder, die ich eher für mich behielt, während mein Hauptanliegen dieses war: Ich wollte eine Freundin!

Die Hölle brach ungefähr 1982 zu Hause los. Obwohl mein Vater nicht da war (oder?!) flippte ich total aus. Ich wog unglaubliche 97 Kg und obwohl ich nie sitzen blieb, bekam ich 1983 nicht meinen Hauptschulabschluss. Hauptsächlich deswegen, weil ich eh kaum in der Schule war, und wenn, dann störte ich mehr als alles andere.

Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter des öfteren meinetwegen zur Schule musste, und versuchte, mich vor dem Rausschmiss zu bewahren. Sie besorgte mir sogar einen 1-jährigen Lehrgang „Berufsförderungsjahr Kaufmännisch“, und ich ging sogar zur Schule und schaffte meinen Abschluss, allerdings auch nur nach zähen Verhandlungen zwischen Schulleitung und meiner Mutter.

Im Sommer 1984 besuchte ich dann Verwandte in Amerika. Meine Tanten Jutta und Karin, sowie meinen geliebten Onkel Theo, der mehr wie ein Vater für mich war. Mein Vater war auch da und hatte mal wieder mit jedem Streit als ich da war.

Jutta lebte in einem großem Haus in Strandnähe und weil es so viel wärmer war als es jemals in Deutschland gewesen wäre, verbachte ich die meiste Zeit eben da: am Strand. Aber nicht ohne bei der deutschen Bäckerei meines Onkels vorbei zu gehen J

1984 war eines der besten Jahre in musikalischer Hinsicht. Duran Duran, Stevie Wonder, der charismatische Billy Idol und so weiter. Während ich zu Besuch in Florida war, sah ich George Michaels erstes Solovideo zu: „Careless Whispers“, was das langsame Ende von Wham! einleitete. Außerdem kaufte ich mir mein erstes Stereo – Mikrofon, in einem Laden in Daytona Beach, und sang lippensynchron zu allem was aus dem Fernseher kam.

Was mich letzten Endes wirklich beeindruckte war: Ein Typ namens Prince, der in Europa noch nicht so angesagt war. An einem von nur zwei Regentagen während meines Aufenthaltes, ging ich mit meinem Cousin ins Kino. Wir sahen uns „Purple Rain“ 3x an, bis wir jedes Lied auswendig konnten.

Ich kaufte mir die LP noch in den Staaten und hatte fortan nur ein Ziel: Ich wollte ein Rockstar werden. Aufgewachsen mit den Hard Rock Legenden KISS und Status Quo, und den alten Elvis Platten meiner Mutter, war das ja eigentlich schon immer mein Wunsch. Als Prince´s Musik überall zum Überflieger wurde, veränderte das schlagartig mein Leben.

Zuhause in Deutschland, dominierte Duran Durans „Wild Boys“ die Charts und viele deutsche Bands waren IN. Die Rodgau Monotones zum Beispiel, die 1984 einen Riesenhit hatten und mit Tina Turner auftraten.

Ich hielt Ausschau nach Musikern um meine Version von Prince and The Revolution zu gründen.

Alles was ich fand, war eine bereits existierende Band, die Heartaches, die Kumpels von mir waren. Ich war deren Gastsänger ab und an und verschwand dann im Nirgendwo, meine Zeit damit „verschwendend“, jedem von Prince and the Revolution zu erzählen. Es sollte auch nicht mehr lange dauern, bis „Purple Rain“ in Deutschland die Runde machte und Prince´s erfolgreichste Single: „When Doves Cry“ auch in Deutschland die Nr.1 war.

1985 trat ich einer Band bei, die sich Spirits of soul nannte, wo ich Armin Schwarzfeld kennen lernte, mit dem ich die 1992er „Exzess – Technological Age“ aufnahm. Ich kannte den Schlagzeuger, Kjeld Fischer, schon seit Jahren und als er ausstieg, kaufte ich sein Schlagzeug für DM 250,- und übernahm auch den Gesang.

Spirits ... überlebten 1985 jedoch nicht und als ich im selben Jahr meine spätere Frau kennen lernte, verbrachte ich die meiste Zeit mit ihr und kümmerte mich nicht mehr um meine Karriere.

1986 war ich dann aber wieder voll dabei und suchte nach einer neuen Band. Ich kaufte ein weiteres Drum Kit, mein ersten elektronisches, gebraucht von einem Profi – Drummer, Markus „Jackson“ Bolz, und konnte es in Raten zahlen. Es war das Selbe Schlagzeug, das seinerzeit von Kajagoogoo benutzt wurde, nur dass deren Kit Gelb war und meines Weiß.

Kapitel 1.1 - "Pride"



(Bild: "Pride" nach einem Auftritt, 1986)

Ich fand die Band in Form der Gebrüder Schmitz und gründete meine erste seriöse Band: Pride!

Pride bestand aus mir am Schlagzeug und Gesang, sowie den Schmitz – Brüdern Mike, Markus und Matthias an Bass, Gitarre und Percussion.

Großartige Jungs – mit viel Talent. Wir hatten ein paar echt gute Monate miteinander.

Markus und ich waren die treibende Kraft hinter den Songs und unsere gemeinsame Liebe zu KISS gab der Gruppe ihre Stärke und ihren Willen.

Wir waren in der Lage einen festen Proberaum zu ergattern (es gibt immer mehr Bands und immer weniger Proberäume) in der Frankfurter Strasse 80 in Offenbach, kurz „F 80“ genannt.
Es war nicht unbedingt der schönste Übungsraum aber da er in einem Hinterhof lag, konnten wir laut sein – richtig laut.

Hier nahmen wir unsere ersten Demos auf ganz altmodische Weise auf: Kassettenrekorder in die Mitte und losgelegt! Externes Mikrofon? Eh, wofür? – Idioten! Wir hätten unerfahrener eben nicht sein können.

Die Musikszene war gut in den frühen 80ern, aber für eine junge Rockband wie wir (oder jede andere Band), war die Infrastruktur eher wenig rosig. Wir haben aber dennoch immer etwas gedreht um voran zu kommen.

Unser erster Auftritt war vor Klassenkameraden im Haus meiner Berufsschullehrerin. Sie mochten uns, vielleicht zwar bloß weil sie uns kannten, mein Lehrer fand die Idee eine Band zu haben jedenfalls cool und sie war stolz darauf, dass wir bei ihr zuerst auftraten.

Wir spielten auf einigen weiteren Gartenpartys und schon sehr früh mochte ich dir Idee, vor den unterschiedlichsten Kulturen aufzutreten. So spielten wir für die Portugiesische Mission im berühmten „Gelben Haus“ in Offenbach und einer meiner Arbeitskollegen besorgte uns einen 45minütigen Auftritt auf einer Hochzeit.

Das war der absolute Wahnsinn – es war eine türkische Hochzeit in einer Riesenhalle und da waren knapp 1000 Leute drin. Ich habe das bis heute nicht geschnallt, wie man 1000 Leute für eine Hochzeit zusammenkriegt. Wir spielten zwischen den zwei Sets der Hochzeitsband „Erol Derinbay´s Istanbul Express“.

Wir sahen uns also Erol und Gefolge an und es fiel uns sofort auf, dass das Publikum nicht wirklich drauf abfuhr. Sie spielten traditionell türkische Musik und ich erinnere mich daran, wie ich amüsiert zu den anderen sagte: „Das war´s dann Leute, wir sind Tod. 1000 Türken gegen eine 5köpfige Rockband, das macht genau 200 Messer für jeden!“ Ich machte mir halt Gedanken, was sie wohl mit uns machen werden, wenn wir sie mit unserem Heavy Metal bombardieren.

Mein Arbeitskollege und Mentor, Okyay Tülek, sagte uns dann an und wir begannen unser Set mit einer Coverversion des KISS – Songs: „War Machine“ – und ich schaute nur erstaunt ins Publikum als sie plötzlich anfingen, zu unserer Musik zu tanzen.

Wir spielten ein paar Eigenkompositionen gefolgt von Covers von Scorpions. Das beste Lied des Abends war unsere Version des Prince Hits: „Kiss“. Für unsere harte Arbeit erhielten wir eine Flasche Whiskey. Im Gegensatz zu den meisten Bands, tranken wir nicht aber nahmen die Flasche dennoch dankbar an.

Es dauerte nicht sonderlich lange, bis wir heraus fanden, dass Musiker keine große, glückliche Familie sind. Wir waren eben unerfahren und liefen direkt in Feindesmesser als wir bei einem Rockfestival in Nieder – Roden den Part des Opening Acts übernahmen. Die ersten 10 Minuten waren supergeil und das Publikum mochte uns sehr. Nach 10 Minuten waren wir bereit noch mehr zu geben und waren sehr verwundert, warum der Applaus ausblieb und nur noch die ersten beiden Reihen mitklatschten und mitsangen.

Die anderen sahen eher ratlos aus und nach etwa 25 – 30 Minuten brachen wir dann ab. Wir waren sehr enttäuscht und konnten einfach nicht verstehen, was wohl die Ursache hätte sein können. Auf unserem Rückweg zum Bandbus, sprachen uns dann ein paar Leute an und meinten, dass es echt schade war, dass nach etwa 10 Minuten die Lautsprecheranlage ausgefallen sei und man uns nicht hören konnte, „zum Glück geht’s ja jetzt“! Das war es also – sie hatten uns einfach den Sound abgeschnitten.

“Möge der Beste gewinnen” lag vielleicht nicht in deren Interesse. Die Mischer gehörten einer der anderen zwei Bands. Positiv gesehen, empfanden sie uns also als musikalische Bedrohung, was für uns bedeutete, dass wir auf dem richtigen Weg waren.

Wir entschieden, „ganz groß“ zu werden und ich sprach einen Kumpel und Arbeitskollegen an, dessen Hobby die Videofilmerei war. Kurze Zeit später fanden wir uns dann im Wald wieder, zum Kassettenrekorder singend, irgendwo an einem See – und an zwei Videos gleichzeitig arbeitend.

Karl Heyland, der arme Kerl hinter der Kamera, und ich filmten in den Jahren danach einige Band zusammen und Karl drehte jede Menge für Digital Dreams.

Wenn etwas so gut läuft wie Pride, dann ist Ärger nie wirklich weit weg – und so kam es dann, wie es kommen musste. Wir hatten einige Gigs 1986 und am 20. Dezember 1986 hatten wir einen echt guten Auftritt in einer Offenbacher Kneipe, namens „Wachauer Landl“.

Ohne vorherige Absprache, wollte Markus´ Freundin Marion unbedingt in die Band. Das tat sie dann auch und „spielte“ Tamburine. Das war noch nicht das Schlimmste, gleiches Recht für alle, hatte ich doch kurzfristig meine Freundin am Keyboard mit in die Band gebracht.

Als wir dann an Silvesterabend 1986/87 spielten, bekam ich den Eindruck, dass Marions Vater das Management zu übernehmen schien. Das war auch noch nicht das Schlimmste.

Wir hatten einen anderen Gig in der Aula einer Schule vor mehreren hundert Zuschauern. Perkussionist Mathias und Basser Mike kamen verspätet und so musste ich 20 Minuten die Zeit mit Stand –up – Comedy überbrücken. Zu meinem Erstaunen lief das ganz gut. Als sie dann endlich ankamen, packten sie ein komplettes zweites Schlagzeug aus dem Bus und auf die Bühne. Wir hatten also plötzlich zwei Schlagzeuger anstatt einen Drummer und einen Perkussionisten. Laut Meinung von Marions Vater:“ sei dies ja nur zum Besten der Band“!

Der Gig war also nicht gerade unser Bester und wir kamen auch nicht sonderlich gut an, was vor allem daran lag, dass man die Spannung zwischen den Musikern spürte, die vor allem durch Leute erzeugt wurde, die nicht mal in der Band waren.

Ich bin dafür bekannt, ein großes Ego zu haben und das kam dann deutlich zum Vorschein. Von einer Minute zur Anderen verließ ich die Band. Die Jungs wollten mich nicht wirklich gehen lassen und baten mich, doch alles bei einem Drink zu besprechen. Wir hatten eine Besprechung in der Länge eines halben Glases und ich war raus aus der Nummer. Sie hatten nicht den Mut, sich dem „neuen Management“ entgegen zu stellen und daher gab es keinen Anlass mehr für mich in der Band zu bleiben.

Da war ich also, im Februar 1987, mit mittlerweile drei kompletten Drum – Kits und jeder Menge Becken und keine neue Band in Sicht.

Als gehörte mir die Welt, kaufte ich schnell ein paar billige Keyboards um weiter Musik machen zu können und nur wenige Monate später, spielte ich wieder im „Wachauer Landl“.

Der Auftritt war furchtbar – ich habe nicht einmal das Datum notiert, so schlimm war es. Die Zuschauer konnten nicht viel anfangen, mit einem Musiker, der versuchte synchron Schlagzeug und Keyboard zu spielen und wir reden nicht einmal vom Gesang.

Kapitel 2 - Von TRAVEL DIRECTION bis DIGITAL DREAMS


(Bild: In Amerika, 1984)

1988 rief die Armee! Was soll ich denn bei der Armee? Ich bin Musiker!!

Damals 1988, musste man quasi zum Bund gehen – für 18 Monate oder so, das war die einzige Alternative zum Zivildienst, wo man meistens alten Damen den Arsch abwischen muss für 30 Monate oder so, also wählte ich den Bund.

In Bad Ems, ein gutes Stück von Frankfurt entfernt, entdeckte ich dann, was es bedeutet, dem Staate zu dienen. Nur blöd, dass mich der Staat einen Dreck interessierte und ich fortan ständig Schwierigkeiten hatte.

Es war nie wirklich ernst, aber ich hinterfragte die Motivation der Vorgesetzten so ziemlich täglich und daher musste ich immer alles sauber machen und am Wochenende arbeiten. Ich erinnere mich noch daran, dass ich mal so knapp vier Wochen nicht nach Hause konnte.

Da waren großartige Leute, ohne Frage, aber es war einfach nicht meine Welt und als ich dann begriff, dass dieser Alptraum Wirklichkeit ist, kam sofort die Stuhl Inkontinenz zurück. Ich schlief schlecht und es dauerte nicht lang, bis ich Patient im Hospitalflügel war.

Zuerst dachten die bestimmt, dass ich das alles nur erfinde – doch dann hatten sie Angst, es könnte ja chronisch werden und dann müssten sie ihr Leben lang zahlen. Also entließen sie mich nach nur sechs Monaten Dienstzeit.

Das wäre geklärt!

Kurz vor dem Eintreffen des Einberufungsbefehls, beendete ich meine Rundfunkfachverkäuferausbildung bei einem etabliertem Familienbetrieb in meiner Heimatstadt Offenbach.

Ich begann also Jobs auszuprobieren und gab das Meiste Geld für meine Musik und Instrumente aus, um meine Karriere weiter verfolgen zu können. 1988 war mein Idol Prince noch immer da, und nachdem ich ihn dann zweimal live erlebt hatte, u.a. 1988 im Frankfurter Waldstadion, vor 60.000 Leuten, erinnerte ich mich daran, dass ich meine Karriere ernster nehmen wollte. Vor allem, weil sich meine Musik gerade am Verändern war, Sinn machte und ich der Meinung war, dass ich etwas zu sagen und zu geben habe.

Meine Freundin, aus der bereits meine Verlobte geworden war, und ich zogen 1989 zusammen. Um eine ansonsten leere Wohnung zu möblieren, mussten wir uns einen Kleinkredit bei der Bank aufnehmen.

Noch immer an mein Talent glaubend, konnte ich Petra überreden, einen Teil davon für einen Drum Computer, einen Synthesizer und ein 4-Spur Gerät zu nehmen, damit ich an meiner ersten CD arbeiten konnte.

Und genau das machten wir dann auch – natürlich kauften wir auch Möbel für die Wohnung!

1989 nahm ich also ein paar Songs mit dem 4-Spur auf. Der Gesang kam nie cool rüber, es gab keinerlei eingebaute Effekte und man konnte auch nur auf eine gewöhnliche Kassette aufnehmen.

Ich benutzte also meistens nur den Drum Computer und den Synthesizer und sporadisch lieh ich mir das KORG™ M1 und andere, bessere, Instrumente von Frank Moesner, Produzent und Studiobesitzer, mit dem ich jahrelang zusammen arbeitete.

Im September 1990 kam dann die Debüt CD: „Digital Dreams – German Groove“ ans Licht und nach wenigen Wochen, hatte ich bereits ein Angebot für eine Zusammenarbeit mit Bernardo Pasbrig, der beim DRMV auf der schwarzen Liste stand, und mit dem ich nie zusammen arbeitete – aus Gründen, die ich hier nicht nennen möchte.

Die „German Groove“ beeindruckte niemanden, vor allem weil es eben nur 4 – Spur Demos waren. Während die Offenbach Post, die CD interessant fand, vor allem weil sie eben in einem Wohnzimmer, ohne Studio Tricks, aufgenommen wurde, schrieb das Rockmusiker Magazin: „Schrecklich ... Meilenweit hinter der Grenze zur Peinlichkeit ... „ – und damit hatten sie vollkommen recht.

Überraschender Weise, schaffte es das Album dennoch bis auf Platz # 16 der DRMV Charts, der Opening track wurde für einen Kurzfilm verwendet (an dem ich während eines Videoschnittkurses arbeitete) und der gleiche Song „3002“ wurde außerdem Soundtrack für das Commodore™ C 64 Computerspiel: „Teldor IV“.

Nicht schlecht für ein Album, welches so unbeliebt war. Jedenfalls schien in der kleinen Offenbacher Musikerszene jeder über mein peinliches Album zu sprechen. Ich wurde so bekannt, dass ich in den Szenekatalog aufgenommen wurde, und man mich sogar um ein Autogramm für Wohltätigkeitszwecke bat.

1991 nahm ich dann einige Titel aus der German Groove neu auf. „Der Teddybär“ oder „Pearl Harbour“ zum Beispiel.

Frank und einer seiner Freunde, besaßen ein kleines Studio in Offenbach. Kurz darauf hatte Frank dann sein eigenes Studio, während ich mich mit Armin Schwarzfeld zusammen tat, mit dem ich schon bei Spirits Of Soul spielte.

1992 war ein stürmiges Jahr. Armin und ich gründeten ein Duo. Wir nannten uns Exzess und nahmen hauptsächlich bei Armin auf, der ein 8-Spur „direkt auf Kassette“ Gerät hatte und einige nette Keyboards. Ich brachte stets meinen Amiga 500 und später Amiga 600 mit, mit welchem ich meine eigenen Sounds produzierte. Armins Sichtweise unsere gemeinsame Zukunft betreffend, wich von meiner sehr ab.

Er war ein Riesen – Depeche Mode Fan und all seine Songs klangen wie eine Wiedergeburt von Martin Gore. Und obwohl seine Songs super waren, fand ich, dass das nicht unser Weg sein sollte. Irgendwie wollten wir unseren Helden Tribut zollen, aber ich fand, das ganze müsste mehr nach „uns“ klingen und einfach mehr von „uns“ enthalten.

Letzten Endes nahm ich etwa 40% aller Exzess Songs alleine in Franks Studio auf – eigentlich hätte es ja eine Zusammenarbeit zwischen mir und Armin sein sollen.

Während einer der Sessions bei Armin zu Hause, traf ich Franca Pettrich, deren Freund im gleichen Block wohnte. Wir waren wahrscheinlich sehr laut, denn sonst hätten die gar nichts von unseren Aufnahmen mitbekommen.

Sie wollte schon immer mal singen und so gaben wir ihr eine Chance. Armin behandelte sie sehr schlecht, vor allem dahingehend, dass er alles was sie sagte oder sang, kategorisch abzulehnen schien und nie wirklich zufrieden schien.

Ich nehme an, dass er gar keine Frauenstimme auf den Aufnahmen haben wollte, sich aber nicht traute, dies von Anfang an deutlich zu machen. Ich fand, dass uns ein wenig Abwechslung nur gut tun könne und bin heute noch davon überzeugt, dass „You don´t kill my love“ mit Francas Stimme, einer der besten Songs ist, bei dem ich je mitgewirkt habe.

Armin und ich nahmen es ziemlich ernst und gingen sogar zu einem professionellen Fotografen, um die Hülle richtig hin zu bekommen. Mein ältester Bruder Hans – Jürgen, oder einfach „Hacki“, der auf seine Weise schon immer kreativ war, machte oft Masken aus Ton und so fragten wir ihn, ob wir eine für unsere Hülle verwenden dürfen.

Als die Kassette dann fertig war, waren wir es auch. Rückblickend ist das schon schade, denn ich mochte die Einmaligkeit, die unsere Gemeinschaftsproduktion erzeugte. Es hat einfach nicht sollen sein.

Im April 1992 wurde Typ I Diabetes bei mir diagnostiziert und ich brauchte eine Weile, bis ich wieder auf die Beine kam. Genau genommen hat es mich so stark beeinflusst, dass es eine Ewigkeit dauerte, bis ich die Akzeptanz fand, die man zum weitermachen braucht.

Ich heiratete 1992 und mein Sohn wurde geboren. All diese Begebenheiten, hatten zur Folge, dass die EXZESS nie die Aufmerksamkeit bekam, die sie zweifelsfrei verdient hätte.

Wir hatten einen netten Zeitungsbericht, das war es dann aber auch.

Karsten Roth, der den Zeitungsbericht seinerzeit für das „Auspuff“ Magazin verfasste, machte später verschiedene Sachen für die unterschiedlichsten Bands. Er machte die Fotos für die CD Rückseite. Ich lebte damals in einem Wohnblock und diese Gebäude haben meist einen Riesenheizungskeller, der sehr Außerirdisch aussieht, also machten wir da die Fotos.

Kapitel 3 - Aufstieg und Fall von DIGITAL DREAMS



(Bild: Fotoshoot, 1993)

Anfang 1993 traf ich Franca wieder und ich fragte sie sofort, ob sie nicht Lust hätte, mein kurzfristig stillgelegtes Projekt, Digital Dreams mit mir weiter zu machen. Sie sagte sofort zu und wir fingen quasi von sofort auf gleich mit der Produktion an.

Franks Studio befand sich in einem 2. Weltkrieg Bunker. 1995 hatte ich für kurze Zeit meinen eigenen Proberaum dort – kein Sonnenlicht, aber ein Riesenspaß.

Wie auch immer, zurück zu Franca und mir:

Wir hatten beide stets wenig Geld - was uns an Geld fehlte machten wir durch unsere Hartnäckigkeit wett. Manchmal waren wir einfach unglaublich.

Wir waren (und sind es auch heute noch) ziemliche Hitzköpfe und wir hatten zugegebenermaßen jede Menge Stress miteinander, obwohl die Hauptprobleme nicht innerhalb der Band lagen. Die Probleme kamen von außerhalb in Form ihres Freundes und Franca hatte auch eine ziemlich lästernde Familie und Freundeskreis.

Dennoch entschieden wir uns jedem in den Arsch zu treten. Wir wussten nur zu genau, dass wir es nicht packen, wenn wir musikalisch nicht super sind und wir wollten eine ebenso großartige Show zusammen stellen. Und das taten wir dann auch. Wir hatten eine zusätzliche Tänzerin (eine Freundin von Franca) und wir benutzten Pyrotechnik und trugen Star Trek Klamotten.

Wir waren wirklich überheblich und hatten im Januar 1994 unseren ersten Auftritt im Hard- und Heavy e.V. in Offenbach, genannt „F63“. Normalerweise spielen dort nur Rockbands, dennoch konnten wir die Halle umgehend für uns einnehmen und der Auftritt war ein Riesenerfolg.

Die Play list bestand zu 60& aus älterem Digital Dreams Material, einigen Exzess Songs und ein paar neuen Liedern, wie beispielsweise der „Smog“ – Trilogie.

Es war das erste Konzert nach sieben langen Jahren.

Wir waren die erste (und wahrscheinlich auch die letzte) Band, die dort jemals ohne Gitarren auftraten.

Die „Hitech Systems“ war noch in der Mache und dies war ein längst überfälliger Live – Test für die bald erscheinende CD.

Trotz der langen Bühnenabstinenz, konnten wir dennoch einige anlocken und sogar einige Heavy – Fans zeigten Interesse an unserer Musik.

Das Konzert also lief super. Unsere Musik war damals sehr politisch und wir spielten sogar ein Lied gegen Ausländerfeindlichkeit in türkischer Sprache. Wir hatten sogar eine 15minütige Zugabe Session und der Abend blieb uns stets in Erinnerung. Wenn auch nicht nur wegen des Erfolges:

Nach dem Konzert packten wir unser Zeug zusammen um die Halle zu verlassen. Gleichzeitig gab es von Seiten des Hard- und Heavy e.V. „Umbauarbeiten“ in der Halle. Sie bereiteten die Halle für eine bald stattfindende Hochzeit vor.

Als sie das Schlagzeugpodium abbauten fragte ich interessiert, was sie denn da machen. Die Antwort war recht schockierend: „Wir bereiten die Halle für eine Hochzeitsfeier von so n paar Scheißtürken vor, Leute für die du Songs schreibst ...“ Urplötzlich flippten drei von denen aus und kamen auf mich zu mit der Drohung: „Es ist besser, wenn du dich jetzt verpisst, bevor dir noch was passiert...“ Glücklicherweise waren noch einige andere Leute in der Halle, sonst wäre das unter Umständen nicht so glimpflich verlaufen.

Ich war sehr enttäuscht, hatte ich doch angenommen, dass ein Club, der für eine Minderheit von Rockfans entstand, offener hätte sein sollen, vor allem gegenüber anderer Minderheiten.

Nach diesem Konzert wussten wir, dass die Zeit gekommen war, unsere CD zu veröffentlichen. Ich war arbeitslos und Franca bloß ein Lehrling, dennoch konnte Franca einen Kleinkredit bekommen, denn wir mussten ja Geld an Frank bezahlen um das Studio nutzen zu können und brauchten natürlich Geld für die CD selbst.

Im April 1994 veröffentlichten wir dann die „Digital Dreams – Hitech Systems“ und dann ging es richtig los. Im Handumdrehen waren wir unter den zehn beliebtesten Bands im Rhein – Main Gebiet und unsere CD stieg bis auf Platz # 4 in den DRMV – Charts.

Wenn ich mir das Album heute rückwirkend anhöre, finde ich, dass es nicht so toll produziert wurde, vor allem in Hinblick auf die Intonation der Englischsprachigen Songs. Allerdings war es extrem vielseitig, da es diverse Stile mischte von Techno zu Trance zu Pop. Außerdem mischte es Deutsch und Englisch und sogar Spanisch. Die Digital Dreams verdient den Eintrag in die Charts und jegliche Publicity.

Im Januar 1996 spielten wir in einem Hochsicherheitsgefängnis in Frankfurt / Preungesheim, und 1995 sogar bei einem Riesenfestival in der hessischen Landeshauptstadt spielten, wenn auch nicht im gleichen Line – Up. Fotos und einen Konzertbericht kann man sich unter http://www.tj-music.com/ ansehen).

1994 hatten wir das bereits beschriebene Konzert im „F63“ und danach hatten wir unsere Höhen und Tiefen als Band, bis wir im August 1994 wieder gemeinsam auf der „Star Dream I Convention“ in Mannheim auftraten.

Etwa 600 Zuschauer sahen uns damals in vollem Enterprise – Gewand und die anwesende Presse bescherte uns einen 10-Sekunden Auftritt auf SAT.1

Das 45 Minuten Konzert war recht gut, der Tag als solches war es nicht:

„Digital Dreams steht kurz vor dem Durchbruch“, dachten wir damals, denn immerhin befand das Veranstaltungskomitee unsere Musik gut genug, um uns spielen zu lassen.

Zusammen mit Franca, zwei weiteren Tänzerinnen, einem Mischer und zwei weiteren Personen, die wir zum helfen bei dies und jenem brauchten, fuhren wir also von Frankfurt nach Mannheim.

Vorher schickte ich noch 20 Poster die auf das Konzert hinwiesen zu dem Veranstalter, der uns versicherte, dass die Poster vor Ort aufgehängt werden, eine Anlage auf uns wartet und wir Unterstützung kriegen können, sollten wir sie brauchen.

Die Realität sah irgendwie anders aus.

Den Klingonischen™ Krieger an der Eingangstür hinter uns lassend, gingen wir zum örtlichen Veranstalter, der von unserer Existenz nichts wusste. Wenigstens lagen unsere 20 Poster, zusammengefaltet noch da rum. Die Person am anderen Ende des „Walkie Talkies“ bestätigte dann, dass wir dort auftreten und so mussten wir die 110,- DM pro Person nicht entrichten. Der Eintritt war recht teuer und wir planten, uns soviel Programm wie möglich anzusehen.

Die Kontaktperson war dann viel zu busy um uns überhaupt zu treffen. In den darauffolgenden Stunden, ließ sich vom Komitee zumindest niemand blicken.

Die engagierte Firma, die eine P.A. und eine fette Lichtanlage besaß, gab einen Dreck auf uns und sie wollten uns ihre Anlage nicht benutzen lassen. Nach einer längeren Diskussion und langem, zähen Anbetteln, gaben sie dann nach.

Zu Verhandlungsbeginn versprach der Veranstalter, dass es einen Umkleideraum und abschließbare Fächer für unsere persönlichen Wertgegenstände gäbe – muss man ja nicht groß erwähnen, dass die auch nicht da waren. Verständlicherweise waren Franca und ich ziemlich enttäuscht, dennoch hielten wir unser Wort und spielten für die tanzenden Vilkanier™, Cardassianer™ und Klingonen™.

Franca und ich waren auch kein so gutes Team mehr und ich merkte einen großen Unterschied in der Dynamik der Band zwischen den beiden Auftritten im Januar und dem Tag in Mannheim und tief in mir wusste ich, dass das nicht mehr lange funktioniert. Wenig später trennten wir uns.

Ich litt enorm, denn Franca war mehr als nur musikalischer Partner. Sie war mein bester Freund und ich vermisste sie. Wir sprachen eine Weile nicht miteinander. Irgendwann trafen wir uns dann wieder auf einen Kaffee und beschlossen, einen Neuanfang zu wagen.

Ich hatte mittlerweile schon Kontakt mit den Tänzerinnen Georgina und Sabine etabliert und wir planten einen Auftritt für den nachfolgenden Frühling.

Als Franca wieder an Board war, wurden starke Spannungen zwischen ihr und den beiden Mädels, die sich MSG nannten, sichtbar.

Franca, die eine sehr gute Tänzerin war, und alle bisherigen Shows choreographierte, hatte einen anderen Stil als jenen, den Sabine mitbrachte. Nur wenige Tage vor dem Auftritt in einem Kinderheim, gaben MSG dann bekannt, dass sie keinesfalls auftreten, so lange Franca dabei ist. Franca und ich hatten nicht mehr zu unserer alten Stärke zurück gefunden und so beschloss ich, Digital Dreams ab sofort doch wieder alleine zu machen.

Die Hitech Systems war ein starkes Album, war in den Top Ten der DRMV Charts und es war das erste Konzert nach Francas austritt.

Zusammen mit der 2-Frau-Gruppe „MSG“ trat ich dann vor ca. 100 Kindern und Erwachsenen auf, wo ich viel neues Material testete, welches auf dem 1996 folgendem Album „Vesicula“ veröffentlicht wurde.

Ich hatte eine fette Erkältung und die Anlage war Scheiße, dennoch war das Konzert ziemlich gut.

Kapitel 4 - Im Alleingang



(Bild: 1996, "Konzert gegen Armut")

Langsamer machen war für mich als Solokünstler einfach keine Option. Ich hatte sehr hart für die kleinen Erfolge gearbeitet, die ich mit Digital Dreams hatte und ich wollte nun in die Vollen gehen.

Ich bemerkte, dass sich der Trend, nun langsamere, bedeutungsvollere Love songs zu schreiben, und generell weniger an Technobeats zu arbeiten, nach dem fertig stellen der 1996er „Vesicula“ fortsetzte.

Viele Leute, inklusive meiner Wenigkeit, sind davon überzeugt, dass die Vesicula eigentlich mein Durchbruch – Album hätte sein sollen, aber da ich sie nur als Kassette veröffentlichen konnte, hatte sie quasi null Chance.

Genau genommen, hatte ich auch kein Interesse mehr an der Fortführung von Digital Dreams, andererseits wusste ich nicht, was als nächstes folgen sollte. Meine damalige Freundin (1997) war auch nicht sonderlich hilfreich. Sie hasste meine Musik und dachte, es wäre Schrott.

Ich liebte Depeche Mode´s neue „Ultra“ CD und fühlte wieder den Beat. Es waren schwierige Zeiten damals und ich hatte keine Unterstützung in meinem Umfeld und hab sogar das musizieren auf – für knappe sechs Monate.

Die Entscheidung Digital Dreams zu beenden, nagte mehr an mir als ich zugeben wollte. Ich wollte mein ganzes Image ändern, ich wollte MICH ändern, wenn man so will. Und so kam es, dass ich erstmals mit drei verschiedenen Gitarristen kollaborierte und inmitten der Produktion zur „TJ – Pure Love“, entschied ich mich, ab sofort woanders aufzunehmen.

Ein guter Freund von mir, mit dem ich seit 1993 “nebenbei” komponierte und kollaborierte, erzählte mir von diesem Studio in seiner Heimatstadt Langen und so vereinbarte ich einen Termin um es abzuchecken.

Besitzer und Tontechniker Christian Meyer und ich klickten auf Anhieb und so entschied ich von jetzt auf gleich, bei ihm aufzunehmen. Mit Frank hatte das überhaupt nichts zu tun – ich wollte mich einfach komplett verändern. Franks Studio war deutlich besser ausgestattet, aber darum ging es mir damals nicht. Ich wollte Reinheit und, dank finanzieller Unterstützung durch einen Freund, stellte ich im Oktober 1997 meine erste Solo CD fertig: „T-Jay – Pure Love“ .

Ich widmete die CD meinem Sohn Kevin, den ich nach meiner Scheidung sehr vermisste, und rückblickend finde ich, dass die Pure Love EP mit die besten Songs enthält, die ich jemals schrieb. Ich hatte soviel auszudrücken und selbst heute noch, tun Lieder wie: „I still believe in love“ oder „Shadows of the past“ weh.

Es landete direkt auf der # 1 in den DRMV Charts und ich war so stolz und davon überzeugt, wenn diese CD gefloppt wäre, wäre das mit Sicherheit das Ende meiner musikalischen Laufbahn gewesen. Es hätte mich gebrochen. Obwohl ich, im Vergleich zu von Plattenfirmen unterstützten Künstlern, ohnehin keine wirkliche Karriere hatte.

In aller Fairness: hinter allem was man tut, steckt eine einfache Logik: Man kann nur etwas erreichen, wenn man es versucht. Über die Jahre sandte ich eine Unmenge von CDs an Plattenfirmen, Radio- und TV Stationen, Zeitungen und so weiter – und auch wenn die Resonanz insgesamt eher dürftig ausfiel, so hätte ich dennoch null Resonanz auf meine Musik erhalten, wenn ich mir nicht die Mühe gemacht hätte, sie zu vermarkten.

Ich musste mich oft dafür verteidigen, so verdammt „selbstsüchtig“ zu sein und meine Musik über alles zu stellen. Aber das ist eben so. Wenn man an etwas glaubt, dann muss man auch gewillt sein, es zu verteidigen. Ich sehe einen Wert in meiner Musik. Sie ist dazu da, Emotionen und Gefühlen beim Zuhörer zu wecken, was genau genommen, auch das Problem ist. Es ist eben oft nicht angenehm, mit Liedern konfrontiert zu werden, die von Liebe und Verlust handeln, und meine sehr emotionale Musik hat einen Hang zur Melancholie.

Dafür ist nicht jeder zu haben. Außerdem gibt es eine Vielzahl oberflächlicher Menschen, die das was ich tue, ohnehin nicht begreifen.

Meiner Erfahrung nach, hat Musik keine Grenzen und man kann auch jede Menge Gutes damit tun. Die vielen Benefiz –Konzerte zum Beispiel, haben mein ausharren bzw. dem „folgen meines Traumes“ geholfen respektive aushaltbar gemacht.

Als ich 1987 zum ersten Mal im Kinderheim auftrat, konnte ich kaum Vibes spüren, als ich 1995 auf die selbe Bühne zurück kam, war die Energie, die vom Publikum zurück kam, einfach unglaublich.

Die Kinder luden mich nach dem Konzert ein und ich traute meinen Augen nicht: Die hatten extra Kuchen für mich gebacken und den Tisch dekoriert. Einer der Jungs, der damals gerade ins Teenager – Alter kam, sagte mir, dass er sich nun bald eine Gitarre kaufen will, und er wolle so sein wie ich – mit Musik Menschen erreichen.

Bis zu diesem Zeitpunkt, war mir gar nicht klar, dass ich überhaupt wen erreicht hatte.

Musik kann auch Therapie sein – für mich zumindest. Die Pure Love war eigentlich als Album konzipiert. Je mehr man aufnimmt desto mehr Kosten entstehen und letztlich musste ich mit der 6-Song Version zufrieden sein. Besser als nichts möchte ich glauben.

Wenn ich zurückblicke, fällt auf, dass diese CD ein Spiegel meiner Gefühle waren. Und obwohl die meisten meiner Lieder nicht zwingend autobiografisch sind, gibt es doch einige, die man als solche Bezeichnen könnte - ich werde jetzt aber nicht verraten, von welchen ich spreche J .

Ich war recht sicher (wie immer), dass sich die Pure Love mit dem Rest der Welt messen kann und war recht enttäuscht, dass die Industrie sich nie großartig dafür interessierte.

Irgendjemand fand dann eine Schublade für meine Musik: „Easy Listening“. Die Leute gaben meiner Musik aller Art Namen und was mich betraf, ich wusste nur, dass ich sie stets als „Romantic Pop“ bezeichnen würde.

Wenn man mich heute fragt, wie ich meine Musik beschreiben würde, dann sage ich immer scherzend: “George Michael für Arme”.

1998 zog ich dann mit meiner neuen Freundin zusammen, die später meine zweite Frau wurde.

Ich dachte über Möglichkeiten nach, die immensen Kosten zu reduzieren und platzierte Anzeigen in lokalen Zeitungen und wurde überschüttet mit Angeboten von Musikern und traf mich mit einer ganzen Menge Leute. 95% von denen, wollten nur so zum Spaß Musik machen, während ich nach Leuten suchten, die meine Musik nach Vorne bringen.

Recht enttäuscht saß ich eines Abends da und lauschte dem, was ich über die Jahre kreiert hatte und war erstaunt, zu hören, dass ich mich entwickelt hatte. Ich bin ein echt guter Songwriter, dachte ich, meine Stimme ist auch nicht mehr so schlecht und ich kann sogar 4-stimmig singen, wenn’s denn sein muss.

Das gab mir Selbstvertrauen und ich beschloss, ein fettes Keyboard zu kaufen, mit eingebautem 16 Spur Sequenzer und Floppy Laufwerk, so dass ich all meine Ideen, mit Ausnahme des Gesanges, „an einem Stück“ aufnehmen konnte.

Ich hatte ständig neue Ideen, war aber auch ständig pleite, daher war der Kauf dieses teuren Instrumentes, das man glücklicherweise auf Raten zahlen konnte, die beste Option.

Kapitel 4.1 - Von der "Darker Than Black" zum nächsten Jahrhundert



(Bild: 2 Seiten Bericht im "Subkutan" über TJs Trip nach London, 1999)

Ich lauschte gerade einer meiner Lieblingsbands, den legendären Bee Gees, als eine Zeile eines Songs meine Aufmerksamkeit erregte: „... This world has lost its glory, let´s start …”

Ich nahm also die Idee der Welt, die ihren Ruhm verloren hatte, einen Schritt weiter und schrieb einen Song um diese Zeile herum: „Darker Than Black“ wart geboren. Sehr bewusst wollte ich eine neue CD produzieren, die sich stark vom Vorgänger Pure Love unterscheidet, also fragte ich keine weiteren Gitarristen um mir beim nächsten Album zu helfen.

Ich entschied, etwas sehr poppiges zu machen und dachte an eine Mischung aus mir und den Pet Shop Boys oder Erasure, Bands die ich total verehrte.

Die CD war recht schnell produziert – Lustigerweise war die Darker ... CD total Euro Pop, aber ich als Person hatte mich optisch in den letzten Jahren stark verändert. Ich hatte lange Haare, Tattoos und mehrere Piercings.

Ich beauftragte ein professionelles Fotostudio mit der Hüllengestaltung und 99% aller Bemerkungen, die zum Cover gemacht wurden sind: „da siehste aus wie Meat Loaf“. In der Tat schrieben einige, dass sie dem Cover nach zu Urteilen, sicherlich keinen Elektro Pop erwartet hätten.

So sah ich damals eben aus. Ich verstehe das eh nicht, dass Leute stets andere Leute in Schubladen stecken wollen, wohlweißlich – bestehen Menschen doch aus mehr als nur einer Schicht, ach, was soll’s ...

„Rockmusiker“ schrieb, dass die ganze CD eher wie eine Home – Recording Produktion klänge, anstatt nach einer professionellen Produktion – und völlig zurecht, denn das war es.
Nichtsdestotrotz bescheinigten sie eingängige Melodien und eine gute Stimme, ließen es sich aber auch nicht nehmen, die CD als zu stark an den 80ern orientiert zu beschreiben.

Glücklicherweise kamen gegen Ende des 20 Jahrhunderts viele Bands der 80er wieder und meine CD schwamm Flussaufwärts.

Ich hatte einige Brieffreunde in England und Irland und einen Freund in Amerika, und bat meine Kontakte, die CD für mich zu rezensieren. Die Meinungen hätten weiter nicht auseinandergehen können, aber sie alle hatten eines gemeinsam: Sie alle fanden meine Musik „very british“ – was auch immer das bedeutet. Für mich klang das gut, denn nach wie vor, ist England das Land, dass eine wahre Armee von großartigen Musikern hervorgebracht hat. Alles was ich also tun musste, war nach England zu fliegen um meine CD zu bewerben.

Leichter gesagt als getan – aber für ein Ego, welches die Größe eines Berges hat, war das die einzig logische Schlussfolgerung.

Es ist nicht so spaßig, alleine in London zu sein, wenn man seine Erfahrungen mit niemandem teilen kann, aber da London einfach nur geil ist, kommt man damit dann doch zurecht.

Das vielleicht meistsagende Ereignis, das sich bereits bei meiner Ankunft in London ereignete, war, dass ich mit den meisten Örtlichkeiten vertraut war, fast so, als würde ich dort hingehören – dieses Erlebnis hatte ich nur ein weiteres Mal: Bei meiner Ankunft in Irland. Eine Zurückführung in ein früheres Leben brachte später zum Vorschein, dass ich sehr wohl hätte Englisch oder Irisch sein können.

Wie auch immer, innerhalb einer Woche lief ich mehr als sonst in einem Monat. Ich war stark damit beschäftigt, mit Plattenfirmen und Clubs zu sprechen. Die waren häufig sehr zuvorkommend. Ich konnte oft diesen Ausdruck in ihren Augen sehen: „Der Typ ist total irre“ aber sie hörten sich meine CD oft sogar in meinem Beisein an und dieser Trip sicherte mir einen Auftritt im berühmten „Rock Garden“ am Covent Garden.

Das gesetzte Datum musste ich dann aufgrund der Geburt meiner Tochter verschieben und später teilte man mir mit, dass man ab sofort keine Solokünstler mehr auftreten lassen wolle – nur noch Bands.

Die Woche in London, war trotzdem geil.

Geil insofern, dass die Tatsache, dass ich tatsächlich mit dem Vorsatz nach England gegangen bin, nun meine Musik an den Mann zu bringen, eine gute Freundin von mir so sehr beeindruckte, dass sie dies einem Kumpel erzählte, der wiederum ein Regisseur war mit einer eigenen, kleinen TV Sendung beim Offenen Kanal in Offenbach / Frankfurt.

Er lud mich also zu einem 12minütigen TV Auftritt ein und ich akzeptierte.

Jochen produzierte dann später sogar einen Videoclip zum Titelsong „Darker Than Black“ kostenlos, da er sich auf dem Videomarkt etablieren wollte.

Zwischenzeitlich erkundete ich die Möglichkeiten meines Keyboards und fand, dass es echt super Sounds hatte, die mich nach vorne bringen konnten, plante ich doch bereits meine erste Album CD.

Mir war klar, dass ich nicht komplett ohne Studio aufnehmen konnte, vor allem wollte ich die CD in bestmöglicher Qualität machen. Den Gesang nahm ich weiterhin in Christians Studio auf, da sie bei der Darker Than Black ja bereits einen tollen Job gemacht hatten.

Meine Tochter Vanessa kam im September 99 zur Welt und ich widmete ihr diese CD.

Komponieren, Aufnehmen und vor allem das Finanzieren der CD dauerte ein knappes Jahr. Ich heiratete zum 2. Mal im Jahre 2000, Vanessa wurde getauft und ich war immer noch am Jobwechseln, in der Hoffnung, etwas zu kriegen, was gut war.

Im Juli 2000 war das erste albumlange TJ Soloalbum dann fertig und bereit für die Ladenregale (auch wenn es da nicht landete).

Nun, für mein Gehör, erfand ich mich völlig neu mit diesem Album. Es bestand aus 18 Titeln und zeigte die Seite des Songwriters mehr denn je. Es hat viele akustische Einschköge, obgleich es nach wie vor voll elektronisch erstellt wurde. Da ich gerade in Verhandlungen mit einer bayrischen Plattenfirma stand, wurden einige der Songs viel zu weich gemischt, viel zu „Boybandisch“. Nichtsdestotrotz, wurde das Album häufig von einem „Radiosender für Zuhörer“ in Amerika gespielt.

Dieses Amerika – Ding fand ich immer interessant. Mir war es nie wichtig, den amerikanischen Markt zu knacken, denn es ist so weit weg und ich war bis über beide Ohren damit beschäftigt überhaupt irgendein Land zu knacken. Aber einige der besten Kritiken kamen aus den Staaten.

Musik ist unglaublich. Wenige Tage nach der Veröffentlichung der „TJ – Midnight Dreamer“ fuhr ich nach Norddeutschland, um in einem Hotel aufzutreten, wo mein Vater seinen 70. Geburtstag feierte.

Meine Tante Jutta war auch da. Ich hatte sie viele, viele Jahre nicht gesehen, aber schickte ihr immer ein Freiexemplar einer CD nach der Erscheinung. Da war ich also nun, mein Programm vortragend und sie verlangte nach dem Titel: „Spanish Girl“ von der 97er Pure Love. Dann kam sie auf die Bühne und sang mit mir. Das war so kraftvoll, denn es bewies mal wieder, dass Musik die Leute verbindet.

Kapitel 4.2 - Nach Irland auswandern und weiter Musik machen

Nur wenige Tage vor dem Konzert in Hollenstedt, trat ich im Rahmen einer Vernissage auf, auf der ein befreundeter Maler seine Werke ausstellte und ich spielte beim „Fest der Vereine“ zugunsten der deutschen AIDS Hilfe.

Mein Kumpel, Larry Medlock, ein Afroamerikaner, den ich vor einigen Jahren im Kranken-haus kennen lernte, wo wir beide eine Schulung für unseren Diabetes bekamen, war es, der mich fragte, ob ich ihn nicht musikalisch bei der Ausstellung unterstützen wolle. Klare Sache! Heute bin ich sehr froh, dass ich an diesem Event teilgenommen habe, denn Larry starb im Frühjahr 2002 an diabetischen Spät-, respektive Folgeschäden.

Während der Vorbereitungen zur Vernissage traf ich den Besitzer des Friseursalons Dieter Hau, einen Herren gleichen Namens, der unentgeltlich seinen Salon zur Verfügung stellte. Dieter bat mich, beim jährlich stattfindenden Fest der Vereine entlang des Flusses Main, teilzunehmen, was ich natürlich auch tat.

Er und sein Team stylten Leute für weniger Geld als sonst und alle Einnahmen kamen der deutschen AIDS Hilfe zu Gute. Ich fand es super, dass ich dabei sein konnte und es stellte gleichzeitig eine gute Gelegenheit dar, mich darzustellen, denn das Festival zog stets Unmengen von Leuten an.

Am Tage des Festivals spielte ich während eines 12 Stunden Tages 3x das gleiche Set !

Am Ende des Tages konnten alle meine Lieder mitsingen und waren dankbar, für die Pausen während meiner Auftritte, wo sie mal etwas Ruhe hatten.

Es hat eine Menge Spaß gemacht.

Nur vier Wochen später fand ich mich dann in Dublin / Irland wieder, wo ich einen Call Center job beim weltgrößten Transportunternehmen annahm.

Kapitel 4.3 - Von Null anfangen und sich gut dabei fühlen



(Bild: Winter 2000, Karaoke Wettbewerb im "Fables", Tallaght/Dublin)

Anfangs war es alles andere als leicht. Ich musste mir ein Haus mit fremden Menschen teilen, einige von Ihnen wahre Idioten und obwohl Irland in Europa liegt – Irland und Deutschland konnten unterschiedlicher nicht sein. In späteren Jahren, begann ich die irische Lebensart der Deutschen zu bevorzugen und Irland bekam mein Zuhause.

Aber am Anfang war es verdammt schwer. Die lange Arbeitslosigkeit in Deutschland war stets ein Hinderungsgrund für Vorankommen und es verwunderte nicht, dass ich das Angebot, im Ausland zu arbeiten, ohne Zögern annahm.

Ich emigrierte nach Irland im August 2000 und im Oktober hatte ich dann soweit alles für das Nachkommen meiner Frau und meiner Tochter geregelt. Die Mithausbewohner stimmten zu, dass wir den größeren, en-suite Raum kriegen, so dass wir soweit möglich als Familie leben können. Es war ja auch nicht für immer geplant und nur 5 Fußminuten vom Haus entfernt befand sich eine Kindergrippe und sie hätten meine Tochter auch angenommen.

Wir hatten in Deutschland besprochen, dass es ein großer Vorteil ist, wenn ein Kleinkind quasi mit zwei Muttersprachen aufwachsen könnte, und da das Englisch meiner Frau sehr gut war, sollte das annehmen eines Jobs nicht so schwer sein. Ich sprach sogar mit der in Irland ansässigen Version der Firma bei der Gabi in Deutschland arbeitete, und man sicherte mir zu, dass man gewiss etwas für sie tun könne.


Alles war gut und geplant – doch die Realität sollte anders aussehen.

Frau und Kind kamen an Weihnachten 2000 für eine Woche nach Irland. Was auch immer ich sagte oder zeigte, stieß auf Ablehnung. Mir wurde klar, dass diese Anti – Irland Haltung dazu führen würde, dass meine Familie nicht nach Irland nachkommt. Gabi wollte die Beziehung nicht zwingend beenden, aber ich stellte deutlich, dass ich auf keinen Fall nach Deutschland zurück kehren werde.

Der neue Job stellte sich als Sprungbrett für eine Karriere und finanziellen Frieden heraus (für eine Weile zumindest) und alles was ich durch meine Rückkehr erreicht hätte, wäre erneute Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe.

Hab ich hinter mir, noch mal? – keine Chance.

Um es kurz zu machen: Wenige Monate nach meiner Einreise war es klar, dass Sie nicht rüberkommen würden und irgendwann wurde die zweite Scheidung eingereicht und ich hatte ein weiteres Kind, dass ich nicht aufwachsen sehe.

Also flüchtete ich erneut tiefer und tiefer in meine Musik. Das fing ohnehin recht gut an. Lediglich sechs Wochen nach meiner Ankunft in Irland, war ich schon special Guest bei Tallaght Radio, wo ich die Co-Moderation der Show „The Pulse“ übernahm, kurz interviewet wurde und wo „African Queen“ und „Light Of Love“ von der Midnight Dreamer CD gespielt wurde.

Ich wurde recht bekannt, bei den regelmäßigen Anhängern des “Fables”, einem Karaoke- und Nachtclub und bald spielte ich vor 260 Leuten im Dubliner Gresham Hotel auf der Weihnachtsfeier der Firma, für die ich seinerzeit arbeitete.

Im Frühjahr 2001 trat ich dann erneut auf einer Valentines Party auf, für mich als „ leichte Unterhaltung bietender Romantic Popper“, ist das die beste Zeit des Jahres.

Ich hatte einen recht guten Absatz und verkaufte einige Exemplare meiner CD auch wenn die Industrie, die ich zwischenzeitlich kontaktierte, kein Interesse an mir zeigte.
Ich wurde bald befördert, hatte bald eine neue Freundin – ein komplett neues Leben und war glücklich wo ich war.

Es war natürlich nicht nur Heile Welt – meine Insulinpumpe gab den Geist auf, fast direkt nach meiner Ankunft in Irland und da ich erst wenige Monate in Irland war, übernahm das Eastern Health Board, nicht die Kosten für eine Pumpe.

In Deutschland konnte mir auch keiner helfen, ich war abgemeldet und zahlte meine Steuern in Irland, also musste ich eben warten bis die Zeit vergeht und mich selbst von Insulinpumpe auf intensivierte Insulintherapie zurück umstellen.

Das gelang mir mit mittelmäßigem Erfolg. Die Ärzte in Irland sind höchstens halb so effizient wie in Deutschland und die sogenannten Diabetologen im Tallaght Hospital waren auch nur bedingt nützlich. Es war furchtbar. Ich verlor ziemlich stark an Gewicht und es war schwer, das alles alleine zu machen.

Um noch eines obendrauf zu setzen, wurde meine Mutter in Deutschland mir Krebs manifestiert. Viel zu spät – es gab Behandlung aber keine Hoffnung auf Heilung.

Meine Mutter verlor massiv an Gewicht und verlor ihre Stärke. Dennoch schaffte sie es, mich noch zweimal in Irland zu besuchen. Einmal sogar ganz alleine. Sie verstarb an Ostersonntag 2004 im alter von 70 Jahren und generell ist es nicht immer einfach, wenn die Verwandtschaft 2000 Km weit weg wohnt.

Und Dennoch – Ich blieb! Denn ich erlebte etwas, was mir früher versagt war: Heimat! Ich fühlte mich zu Hause.

Zurück zu 2001: Ich bewarb meine Musik nicht wirklich bis zu dem Tag, an dem sich die Welt fundamental ändern sollte: September 11, 2001.

Wir hatten auf der Arbeit ein Meeting für den Nachmittag geplant und meine Chefin blies dieses dann irgendwann im Laufe des Tages ab. Obwohl Mobiltelefone im Gebäude streng verboten waren, nutzte sie es offen und häufig. Normalerweise die strikteste aller Bosse, gab sie einen Fliegenschiss auf die Firmenpolitik.

Später erzählte sie uns dann, dass sie Verwandte in New York hat, aber niemanden erreichen konnte. Wir hörten vom ersten Flugzeug, dann vom zweiten – und Abends saßen alle Hausbewohner einheitlich vor der Glotze, starr von der Unglaublichkeit der gezeigten Bilder.

Ich arbeitete für eine amerikanische Firma und es war ein sehr unangenehmes Gefühl, sich damit auseinander zu setzen, dass alles was amerikanisch ist, das nächste Ziel sein könnte.

Tage vergingen und die Zahl der Toten stieg und stieg. Ich war mittlerweile Teamleader in einem internationalen Call Center mit etlichen Nationen und so war es nicht sonderlich schwer, Leute zu finden, um ein Benefiz Konzert auf die Beine zu stellen.

denn da gibt’s keinen – das ist stets eine Riesenarbeit und man kriegt immer weniger raus, als man eigentlich hoffte.

Über die Jahre hatte ich in Kinderheimen, Kindergärten, im Hoch-Sicherheitstrakt, für die AIDS Hilfe, den deutschen Diabetikerverband und so weiter, und so weiter gespielt. Ich glaube, dass Musik keine Grenzen hat und die international verständliche Sprache ist. Es sollte und muss als „Augenöffner“ genutzt werden, als eine Art „Waffe“ manchmal sogar.

Im Endeffekt hatten wir schließlich 5 Acts, inklusive mir als Opener.

29.11.01 " Artists against Terror " @ The Library Tallaght / Dublin ( IRL ) with TJ, William Knight, DJ El Vino, DJ Holy Exzess, Bianka F.

Wir nahmen insgesamt 253 irische Pfund ein, die wir ausnahmslos der New Yorker Fire brigade zukommen ließen.

Es war nicht sonderlich schwierig, die “Library” (Pub) für uns zu gewinnen, und uns die Nutzung des Saales kostenfrei zu gestatten, wussten sie doch, dass wir jede Menge gern trinkende Gäste anlocken würden. Aufgrund des ernsten Hintergrundes, scheuten sie die Publicity dennoch ein wenig und verlegten den vereinbarten Tag von einem Samstag auf einen Donnerstag. Aber damit konnten wir leben.

Es war ebenfalls einfach Helfer zu finden und so konnten wir sogar einen irischen Moderator für unseren großen Abend gewinnen.

Ich eröffnete den Abend mit meinem Romantic Pop Ding, nachdem ich als „eine gute Seele mit einem guten Herzen“ angesagt worden war.

Da war Wim alias William Knight, ein Belgier, der mal mit mir im Haus wohnte und mit dem ich bereits zusammen auftrat, 2 DJ´s – einer aus Deutschland (Holy Exzess) , einer aus Holland (DJ El Vino). Bianka F. führte einen Zirkusakt vor und sang eine Acapella Version des Tracy Chapman Klassikers: „Behind the wall“ – so super, dass ich kurz nach dem Konzert ein Lied für sie zum singen komponierte.

Bianka nahm den Song auf und spielte mit mir beim 2002er Konzert im Civic Theater.

Zwischen 150 und 200 Leute kamen zum Benefiz – Konzert im November 2001 und es war ein Superabend und wir waren alle mächtig stolz.

Das nächste Ding auf meiner Liste, war das Konzert im berühmten Civic Theatre, wo große irische Künstler wie Frances Black oder Ronan Keating bereits auftraten. Natürlich würde ich den großen Saal niemals voll kriegen, aber der sogenannte „loose end“ Raum war perfekt und so trat ich im Februar 2002 dort auf. Ich hatte bereist mit der Arbeit an neuem Material angefangen und befand mich schon mitten in den Aufnahmen zum nächsten Werk: „TJ – Eternity“ , daher war dieses Konzert die perfekte Gelegenheit, Material zu testen.

Es war natürlich auch ein wenig gepokert, denn ich musste natürlich für den Saal und die Anlage zahlen. Mindestens 35 Tickets mussten über den Ladentisch gehen, ansonsten ist draufzahlen angesagt.

Letzten Endes verkauften wir 46 Tickets und es war eine positive, energetische Erfahrung.

Die Eternity lässt sich wohl am ehesten als „das ruhige Album“ beschreiben. Sie ist anders als ihre Vorgänger, was nur natürlich ist, denn ich war von einem völlig anderem Umfeld und Land beeinflusst.

Witzigerweise hat die CD mehr Soul Elemente als jede andere vorherige Veröffentlichung. Und das obwohl es beinahe zu 100% aus programmierten Samples besteht.

Letztlich kommt es darauf an, WIE man an die Musik heran geht und was man stimmlich zur Produktion beiträgt. Denn oft entscheidet die Stimme, wie elektronisch, soft oder poppig eine Produktion am Ende klingt.

Vielleicht ist das für normale Ohren auch alles zu abgehoben und man versteht mich ohnehin nicht?! Keine Ahnung.

Man kann Dinge im voraus ohnehin nicht planen und muss es dennoch tun. Vielleicht hätte ich das Civic – Konzert auf einen späteren Zeitpunkt verlegen sollen, um die Eternity verkaufen zu können. Andererseits war es kein Problem, weiterhin die Midnight Dreamer zu promoten, denn wohin ich auch gehe – mein Material ist stets etwas Neues für den Hörer, ganz gleich wie alt die Songs wirklich sind. Weil du ein Niemand bist, wenn du nicht vermarktet wirst, keine Plattenfirmenunterstützung hast ... legen die Menschen keinen wirklichen Wert auf deine Musik und so sind deine Sachen stets Neu, in gewisser Weise.

Da du als Künstler Fortschritte machst, dich entwickelst, sich deine eigenen Werte und Ansichten verändern, verändert sich auch deine Musik. Das ist auch der Grund, warum man immer wieder neues veröffentlicht. Neues zu sagen hat.

Das ist ein fast schon bösartiger Kreislauf – aber durch die Bewerbung der BEST OF CD, 2005, habe ich festgestellt, dass die meisten Menschen die neueren Sachen am Besten finden. Das Englisch ist besser, die Tonqualität ist besser, die Lieder sind reifer und sie geben einem extra Punkte für Ausdauer und Hartnäckigkeit.

Es ist großartig zu erleben, dass ich offensichtlich sogar einige Klassiker produziert habe. Lieder, die ich überall spielen kann und die immer anzukommen scheinen; „Like An Angel“ von der Hitech Systems oder die ganzen Pure Love Sachen.

Im Sommer 2002 endete eine weitere (Langzeit-) Beziehung als meine damalige Freundin entschied, nun doch wieder nach Deutschland zurück zu kehren. Herzschmerz ist also immer in der Nähe, und obwohl ich Langzeitbeziehungen mag, scheine ich doch langfristig nicht dafür gemacht.

„Music was my first love, and it will be my last“ … bla, bla, bla

In einer Episode von “Judging Amy” wurde gesagt: “ Leben WILL ein Durcheinander sein ...“ vielleicht ist es wahr, vielleicht nicht. Ich weiß es nicht.

Als sich 2002 dem Ende entgegen neigte, trat ich kostenlos im Molloys Pub in Tallaght Village auf und das war das schlimmste Konzert, dass ich je gab.

Aufgrund meines Lebensstiles und der vielen Veränderungen in jüngster Vergangenheit, konnte ich die „Eternity“ nicht richtig vermarkten und ich fand, sie hat etwas Aufmerksamkeit verdient.

Das Album war total unterbewertet und ich konnte auch keine Zeitung dazu kriegen, was darüber zu schreiben.

Das Konzert im Civic Theatre im Frühjahr 2002 war super. Ich spielte ja damals schon viele der Eternity – Songs, obwohl das Album ja noch in der Mache war, wie bereits gesagt, und ich dachte, ich tue mir und dem Album einen Gefallen, indem ich ein Konzert bei freiem Eintritt anbiete.

Das Molloys stellte mir ihren Pub und ihre Anlage zur Verfügung und ich brachte eine kleine Gruppe von Gästen mit, an einem wahrlich ruhigen Montag.

Ich war gut vorbereitet und war mit einem neuen Doppel – CD Spieler und neuem Mikro ausgestattet, um meine 1-Mann Show besser abziehen zu können.

Ganz ehrlich – das war das schlimmste Konzert in meiner langen Karriere. Und, ganz ehrlich, es war nicht meine Schuld: Ich hatte intensiv geprobt und das Publikum bestand größtenteils aus deutschen Arbeitskollegen – was genau das Problem war.

So gut wie keiner von denen konnte die Texte verstehen und auch nur Ansatzweise erfassen, was ich ausrücken wollte. Lediglich bei einigen tanzbareren Stücken, gingen die gut ab.

Wahrlich, ich sang von Liebe und Traurigkeit und Verlust, während ich sie dabei beobachtete, immer betrunkener zu werden.

Ich kann nicht genau sagen, ob es das Beste wäre, meine Liebeslieder nicht mehr zu Leuten unter 25 Jahren zu spielen, da ich oft merke, dass ich die jüngere Generation nicht mehr erreiche, denn sehr oft, auch wenn man nicht generalisieren sollte, hören die einfach nicht zu.

Zugegebenermaßen, ein Pub ist vielleicht auch nicht das beste Venue für meine Musik.

Wie auch immer, dies war ein echter Harter (Rück-) Schlag für mich.

Fairerweise gebe ich zu, dass nicht alles was ich mache, gut ist und ich bin auch offen genug, um Fehler zuzugeben. Einer der Gründe, warum ich jedes meiner Konzerte mitfilme, ist, um Reflektieren zu können und Fehler zu beseitigen.

Nach all den Jahren ohne greifbare Erfolge, gab mir dieser Abend den Rest und mein Selbstwertgefühl litt enorm.

Um bei 2002 zu bleiben: Eine Kollegin, die ich schon seit Jahren kannte, machte im Sommer 2002 gerade ihren Webmaster und suchte ein williges Opfer für ihre Prüfung und so kam es dann, dass ich eine komplette Website ohne Kosten erstellt bekam. Im „Gegenzug“ für die Geschichte meines Lebens (Biografie), Fotos und ein paar mp3s, und weil die Zusammenarbeit doch sehr intensiv war J, wurde aus meinem Webmaster dann meine Freundin.

Ja, du (Leser) hast gutes Recht zu denken: „Der alte Sack und seine Weiber“. Was mich betrifft, ist mir die Meinung anderer zu diesem Thema, mit Verlaub: Scheißegal.

Kapitel 4.4 - Eine Veränderung der Sichtweise



(Bild: In Tralee, Co.Kerry in Irland, 2003)

Das Frühjahr 2003 brachte keine Veränderungen oder neue Perspektiven und ich bekam zunehmend unzufrieden mit meinem Team Leader Job, der extrem Zeitintensiv war und außer einem guten Gehalt nichts besonderes war. Und Geld bedeutete mir nie viel.

Obwohl ich zugeben muss, dass gerade Musiker, die ,wie ich, keinerlei Plattenfirma- noch sonstige Unterstützung haben, stets auf Geld angewiesen sin. Ich wäre nicht der erste Künstler, der einsam und arm starb. Mal sehen, wie ich eines Tages ende, gelle?

Nach andauernden Auseinandersetzungen auf der Arbeit, vor allem mit meinen Vorgesetzten, die mir ständig unter die Nase rieben, dass ich mein Herz zu offen zeige, was nicht gut fürs Geschäft sei, musste ich mich irgendwann entscheiden, wie es weitergehen solle.

Ich kündigte also – vom Sozi und dem Arbeitsamt gab es NULL und ein Job war nicht in Sicht. Zum Glück hatte ich meine Freundin und ich war überzeugt, wieder etwas zu finden.

Im Frühjahr 2003 trudelte noch eine Rezension der mittlerweile betagten Midnight Dreamer CD, die meinte, dass meine Musik genau das richtige sei, „für Leute über 70“. Und sie gaben mir 2 von 5 Sternen – für reine Hartnäckigkeit.

Mir doch egal – ich war viel zu beschäftigt um mir das zu Herzen zu nehmen. Ich war damit beschäftigt, die Arbeitslage in der näheren Umgebung zu checken – keine Chance.

Ich glaube nicht an Zufälle und als ich mich zu den Dolphin House Wohnblöcken aufmachte, hätte ich nie gedacht, dass meine Arbeit als freiwilliger Helfer, vor allem mit den Kindern, mir , wenn auch um einiges später, eine Anstellung bringen würde.

Ich arbeitete als Jugend Leiter beim Sommerfestival 2003 in Dolphin House, während ich Kontakt zu den Jobagenturen hielt. Ich hatte eine ganze Reihe Interviews aber es wurde nie was daraus.

Eines Tages ging ich zu FAS, irische Variante des Arbeitsamtes, und sah ein Poster, welches einen Digitale Medien Kurs auf der anderen Seite der Insel, genauer gesagt in Tralee, im Bundesland Kerry, anbot.

Ich sprach also mit dem Sachbereichsleiter und man teilte mir mit, dass es bereits eine Warteliste gäbe und selbst wenn ich ein Interview ergattern könnte, gäbe es keine Garantie. Reisekostenerstattung ist nicht und obendrauf hätte ich zu beweisen, dass ich schon was kann in irgendeinem Gebiet der digitalen Medienwelt und müsse ein Portfolio zusammenstellen.

Nun, der Beweis war schnell erbracht, ist mein erster Beruf doch der des Rundfunk-Fachverkäufers, außerdem habe ich EDV Zertifikate und, Herr Arbeitsamt, haben sie etwa überlesen, dass ich bereits acht CDs produziert habe?!

Ich kopierte alle CD Hüllen und listete schriftlich auf, warum die Hüllen aussahen, wie sie aussahen. Meistens war ich mich dafür am Verteidigen. Die Cover wurden erst einigermaßen anständig, als ich die TJ Sachen anfing, was hauptsächlich daran lag, dass ich mehr Geld hatte oder mehr Geld sparte, weil ich weniger Songs auf die CD packte.

Lehrer Jim, Freak und Fotograf, mit langen Haaren und freiem Geist, war recht beeindruckend von meinem Portfolio. Die FAS – Dame, die neben ihm saß, war es nicht. Sie bezweifelte meine Fähigkeiten als Team Player und befürchtete, dass ich jüngere Kursteilnehmer nicht respektieren würde.

Ich konnte ihr ja nicht sagen, sie soll die Fresse halten, also war ich zuvorkommend und freundlich und sagte ihr, dass all meine Absichten nur guter Natur sind und meine Kontinuität für mich spreche.

Das Interview lief also nicht so toll. Dennoch fragte mich Jim, ob er sich die CD (Eternity), weil sie ausschließlich mit Samples und elektronischen Mitteln produziert wurde. Ich hatte nichts zu verlieren und hatte nichts dagegen. Eine Woche später akzeptierte man meine Bewerbung – Eternity sei dank.

Die am wenigsten beworbene CD machte einen tollen Eindruck, bei einem Gespräch, das mit meiner Kunstform nicht das Geringste zu tun hatte. Ist das nicht komisch?! Vielleicht, vielleicht sollte es aber einfach so sein.

Ich verbrachte eine ganze Weile (in TJ Zeitrechnung), knapp sechs Monate, in Tralee und hatte dort viel Spaß und eine gute Zeit. Ich schrieb natürlich auch jede Menge Songs dort, aber nahm lediglich „How Many Times“ dort auf, der später Teil meiner Geschichte wurde, als er im Januar 2005 Einzug in die TOP 5 der VH-1 song of the year Dancefloor / Electronic Charts hält.

Meine Musik hatte nie die Wirkung, die ich mir für sie erhoffte aber hat mich doch stets überrascht.

Manchmal, aus dem Nichts, passieren dann doch Dinge aufgrund meiner Musik, und , klein bei klein, möchte ich, dass die Menschen verstehen, dass selbst der geringste Erfolg, die Welt für mich bedeutet und sollte gefeiert werden. Alles was nicht für mich passiert nimmt mir meine Gabe ja nicht weg – sie scheint eben nur zu selten nach außen durch.

Unsere Gesellschaft ist eine furchtbare, was die Haltung gegenüber Künstlern betrifft. Es geht immer nur um Geld, Jugend und Schönheit und ich frage mich wann dieser Trend je aufhören wird, wenn er überhaupt aufhört.

Musik ist zum Marketing – Produkt verkommen, während ich Musik als Kunstform an sich vertrete, vor allem Kindern gegenüber. Teil meines Jobs als Hausaufgabenbetreuer war es, einen sechs Wochen Kurs in „Musik machen“ durchzuplanen und durchzuführen, in dem wir jede Menge Ejay™ Software nutzten. Die 6 – 12jährigen Kinder konnten ihre eigenen Songs machen und lernten gleichzeitig mit dem Computer umzugehen.

Ich will hier jetzt keine Komplimente erhaschen oder mich aufspielen, aber ich glaube wirklich, dass Leute wie ich, die einfach nicht aufgeben und dafür kämpfen, dass echte Kunst gespielt wird, ein notwendiges Übel sind für die, die die Fäden in der Hand halten.

Musik hat eine Menge mit und für mich getan – ich hatte sogar außerirdischen Besuch, den ich, so glaube ich, durch Töne angelockt habe. Aber dieses Buch ist keinesfalls meine komplette Biografie und es wäre zu einfach, nun darauf einzugehen und es dem Leser leicht zu machen, mich einfach als irre abzustempeln – obwohl ich mich auch nicht unbedingt als Normal bezeichnen würde.

Im Gegenteil – Alles was ich tue oder zu tun versuche, ergibt für mich totalen Sinn. Dieses Buch ist dafür da, zu zeigen, dass alles was man macht, egal wie klein, zu einem zurück kommt. Und Musik hat mein Leben so sehr bereichert, dass ich jedem so eine Gabe, Hobby oder dumme Angewohnheit, als was auch immer man es bezeichnen will, wünsche. Es ist alles bestimmt, glaube ich.

Ich hatte die Chance für eine Boy- und Girl band, alles jugendliche zwischen 12 und 13, Songs zu schreiben. Ich war überrascht, wie gut die das fanden. Musikalisch war das viel einfacher, als alles, was ich sonst so für mich schreibe, da Rhythmus der einzig wichtige Faktor zu sein schien.

Dennoch versuchte ich coole Songs zu schreiben und während eines Wettbewerbes 2004 gewannen beide Bands jeweils den ersten Platz in deren Kategorie. Das war ein stolzer Moment für mich als Songwriter.

Ich bin sicher, dass meine Musik einen positiven Einfluss auf die Jugendlichen hatte und das ist alles, worum es geht. Musik verändert alles!

Kapitel 4.5 - Auf die Zukunft


(Bild: 2006)

Ein Viertel Jahrhundert ist eine echt lange Zeit aber keinesfalls das Ende des Weges. Ich werde vorwärts gehen in meinem Feldzug für gute Musik und, natürlich, Anerkennung. Ein wenig Respekt für meine Arbeit zu verlangen, ist nicht zuviel verlangt.

Ich danke all meinen musikalischen Mitstreitern, die mich auf meinem Weg in den letzten 25 Jahren zumindest streckenweise Begleiteten. Thomas Racz und Franca Pettrich ganz besonders.

Dank all denen, die mich auf meinem Weg unterstützten: Meine Schwester, meine Mutter, eh, meine Schwester, meine Mutter ... und all denen, die meinen Tag retten, wenn sie mitteilen, dass sie meine Musik mögen.

Zu meinen eigenen Kindern, Kevin und Vanessa, möchte ich folgendes sagen: Musik ist mein Leben und die einfache Tatsache, dass es euch gibt, gibt mir Hoffnung und Inspiration.

An meinen Vater. Es ist schade und eine schmerzliche Erfahrung, dass du dir nie die Mühe gemacht hast, meine Musik zu hören. Du kennst mich kaum.

An Renate, meinen guten Freund: Du verbrachtest Zeit mit mir und gabst mir Worte der Unterstützung, als ich sie am Meisten brauchte. Dafür, und für deine Freundschaft, danke ich dir.

An meine Schwester: Auch wenn Mama verstorben ist, wir sind Familie. Sie fehlt mir so sehr aber wir haben immer noch uns.

TJ

2006

Die Geschichte geht weiter ...